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Warum es nicht viel Content braucht, um damit erfolgreich zu sein

Warum es nicht viel Content braucht, um damit erfolgreich zu sein — Cover Image

Gastbeitrag von Robert Weller (toushenne.de)

Die Wichtigkeit und Wirkung von Content-Marketing hinterfragt laut “State of Content-Marketing”-Report 2022 von contentbird kaum noch jemand. Doch viele Unternehmen tun sich schwer mit der Umsetzung, insbesondere der regelmäßigen Content-Produktion. Trotz – oder aufgrund der – geringen verfügbaren Budgets investieren Content-Verantwortliche enorm viel Zeit in die Produktion neuer Inhalte und begeben sich damit in eine prekäre Situation. Denn sowohl Zeit- als auch finanzielle Investments müssen sie durch einen positiven Content ROI rechtfertigen.

Würde sich die Situation ändern, wenn Unternehmen weniger neue Inhalte produzieren und damit das Risiko von Fehlinvestitionen verringern und stattdessen aktiver mit vorhandenen Content Pieces arbeiten und dadurch langfristig auch besser zu verstehen, wie genau Kunden Inhalte konsumieren?

Mit dem Fokus auf die Produktion neuer Inhalte geht für Marken ein unnötig hohes Risiko einher: Nicht jeder neue Blogartikel, jedes neue Video oder jede neue Podcast-Episode wird garantiert ein Hit werden. 46% allen Contents bleibt im Durchschnitt sogar ungesehen und die Hälfte aller Nutzer springt nach dem Besuch von nur einer Seite wieder ab (Contentsquare Digital Experience Benchmark Report) . Vielleicht schafft es ein Artikel in die Google Rankings und generiert Traffic, aber konvertieren diese Besucher:innen auch?

Bevor Unternehmen neuen Content publizieren, sollten sie sich kritische Fragen stellen:

  • Wie nutzen unsere Kund:innen den Content?

  • Woran können wir festmachen, wie nützlich unsere vorhandenen Inhalte für (potenzielle) Kund:innen sind?

  • Welche Wirkung haben vorhandene Inhalte, zum Beispiel auf die Markenwahrnehmung, Akquise oder Kundenbindung?

  • Wie viel – und welchen – Content brauchen wir, um unser Produktangebot erfolgreich zu repräsentieren (ergo, die Balance zwischen Content und Product zu finden) und darüber langfristig einen positiven ROI zu generieren?

Der Schlüssel für erfolgreiches Content-Marketing liegt demnach in der Analyse von Content – im Sinne der kommunizierten Botschaften und Geschichten, verschiedener Text- und Media-Elementen auf einzelnen Webseiten und auch ganzen Themenwelten.

Marke und Produkte durch Content gezielt positionieren

Unternehmen, die sich gezielt zu bestimmten Themen positionieren, sind mit ihren Inhalten meist erfolgreicher und in ihrer Content-Produktion effizienter. Der thematische Fokus geht nämlich mit einigen wertvollen Vorteilen einher:

  • Die Produktion unterschiedlicher Formate lässt sich bündeln – ähnlich wie Hollywood-Streifen, die nicht Szene für Szene gedreht werden, sondern auf Basis von Drehorten, Kostümen und Schauspieler:innen vor Ort oder auch dem benötigten Personal.

  • In der Post-Produktion entstehen zusätzliche Content Pieces nicht mehr nur als Begleitprodukt, sondern können vorab in die Produktion (beim “Dreh”) eingeplant und währenddessen kosteneffizient umgesetzt werden.

  • Insbesondere bei der Inhouse-Produktion lohnt es sich langfristig interne Kompetenzen aufzubauen, nicht nur fachlich (Corporate Influencer und Thought Leader), sondern auch “handwerklich” in Bezug auf Storytelling, Content Design und die Distribution. Auch das hat langfristig einen Halo-Effekt auf den Content-ROI.

  • Insgesamt stärkt der Fokus auf wenige konkrete Themen die Wahrnehmung der Marke. Sie steht für etwas. Unternehmen wie Red Bull, Shopify und Patagonia demonstrieren diese Kraft eindrucksvoll.

Die häufig gestellte Frage, wie viel Content letztendlich nötig ist, um “erfolgreich” zu sein, tritt dadurch automatisch ein Stück weit in den Hintergrund. Relevanter ist die Frage, wie viel Content im Rahmen der geplanten Produktionsphase (und den vorhandenen Ressourcen) erstellt und im Anschluss auch distribuiert werden soll bzw. kann.

Die Trailer und das Bonus-Material zur neuen Herr der Ringe-Serie auf Amazon Prime sind ein gutes Beispiel dafür, wie einfach “Rohmaterial” aus der Produktion genutzt werden kann – um “Lücken” in der Kommunikation zu füllen bzw. die Zeit bis zum Release zu überbrücken, Neugier zu wecken und die Vorfreude auf ein (neues) Produkt zu steigern. Und zwar unabhängig davon, ob die gezeigten Szenen tatsächlich in einzelne Folgen integriert werden und dementsprechend geplant waren, oder als Beiprodukt während des Drehs entstanden sind.

Durch diesen Ansatz vermeiden Unternehmen unrealistische Erwartungen an Content-Marketing und maximieren stattdessen auf natürliche Art und Weise ihren Output; sie steigern ihre Aufmerksamkeit für Opportunitäten in der Produktion. Das wäre bei einem zu breiten Themenspektrum und kleinteiliger Produktion nur schwer möglich; das Potenzial bliebe liegen.

Die Wirkung von Content nicht nur messen, sondern auch verbessern

Die wenigsten Content Pieces stehen für sich allein. Vielmehr bilden sie im Zusammenspiel mit den Erwartungen der Konsument:innen ein Erlebnis – mal besser und mal schlechter, abhängig vom Nutzungskontext.

YouTube beispielsweise liefert vielen Usern völlig irrelevante Empfehlungen auf der Startseite – weil der Content-Konsum extrem vielfältig ist und von Musikvideos über Home-DIY-Videos bis hin zu Dokumentationen und Shorts zwischendurch reicht. Mit demselben Problem hat auch Amazon zu kämpfen; eben weil das Angebot (an Produkten bzw. Content) sehr vielfältig ist. Beide Plattformen bieten ergänzend zu ihren Empfehlungen jedoch extrem gute Suchergebnisse.

In einer ähnlichen Situation befinden sich sicherlich auch viele Online-Retailer (umfangreiches Produktportfolio) und Content Brands (großes Content-Angebot).

Die entscheidende Frage ist demnach: Wie navigieren Konsument:innen unsere Website (proaktive Suche oder passives/planloses Stöbern?) und wie können wir den Zugang zu relevanten Inhalten bestmöglich gestalten?

Session Replay

Session Replay

Auf Basis von Onsite-Analysen durch Heatmaps oder Session Replays können Unternehmen das Konsumverhalten ihrer User analysieren und die Wirkung einzelner Inhalte bewerten. Durch Customer Journey Analysen können die wichtigsten Inhalte identifiziert und ggf. vorhandene Content Gaps aufgedeckt werden, um entsprechende Optimierungsmaßnahmen definieren zu können. Etwa in Form besserer interner Verlinkungen (z. B. aus Blogartikeln heraus zu Produktseiten) bzw. einer neuen Navigationsstruktur (z. B. für spezifische Content-Bereiche, siehe Zendesk), der verhaltensbasierten Empfehlung von Content oder eben der Produktion neuer, entlang der Customer Journey unterstützenden Inhalte.

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Navigationsstruktur für verschiedene Content-Bereiche bei Zendesk

Entscheidend ist, Konsument:innen den Zugang zum Content zu vereinfachen, denn Inhalte, die nicht genutzt werden, nützen nichts. Da führt auch die Analyse ungenutzter Inhalte zu keinerlei hilfreichen Insights. Die Wirkung von Content lässt sich erst durch den Konsum bewerten.

Von weniger Content stärker profitieren

Mehr Content ist folglich nicht unbedingt die beste Lösung. In vielen Fällen ist der vorhandene Content schwer auffindbar, nicht ausreichend in die Customer Journey integriert oder nicht auf spezifische Intents der Konsument:innen optimiert (z. B. “informieren” versus “kaufen”). Die Veränderung, ergo Optimierung, vorhandener Inhalte ist oft der effektivere Ansatz, um die Wertschöpfung durch Content zu maximieren.

Das wirkt gleichzeitig dem Überangebot an Content und dem damit einhergehenden “Paradox of Choice” entgegen; es erleichtert Konsument:innen die Auswahl. Sie wollen nicht mehr Content, sondern den richtigen. Ja, die Anzahl der möglichen Touchpoints steigt natürlich mit jedem zusätzlichen Content Piece, die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Kontaktes hingegen allein schon rein rechnerisch nicht.

Vieles spricht also dafür, weniger Content aktiv zu verwalten und dessen Wirksamkeit durch die gezielte Distribution an potenzielle Kund:innen, die Analyse und Optimierung zu maximieren, anstatt (zu) viele Inhalte zu produzieren und das übrige Potenzial zu vernachlässigen.

Robert Weller

Robert Weller ist Content-Stratege und Dozent mit Erfahrung aus dem Agenturgeschäft, E-Commerce- & SaaS-Unternehmen sowie zahlreichen Freelance-Projekten mit führenden Marken wie Adobe, Bike24 und contentbird. 2011 gründete er den Fachblog toushenne.de und publizierte 2019 sein Bestseller-Buch “Content Design” in einer umfangreichen Neuauflage.

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